Was heißt denn hier film von ütz?

1974 In ein Kaff in Hessen reingeboren -Kaff darf man sagen, wenn man selbst von da herkommt, liebevoll, denn es ist dennoch wunderbar und voller Erinnerungen an dreckige Hosen, Stachelbeerhecken und endlose Sommer- und in eine recht glückliche, unbeschwerte Kindheit. Irgendwann den Zeichenstift entdeckt, hatte ich damals, mit neun Jahren, den Plan, einmal wöchentlich ein Comic-Heft herauszubringen und im örtlichen Tante Edeka-Laden zu verkaufen. Damals musste ich einsehen, dass es nicht nur die zarte Grenze der Unmöglichkeit touchierte, jede Woche vierzig Seiten zu zeichnen. Dass das Ganze dank eines einzigen Ladens vor Ort auch finanziell unglücklich gelaufen wäre, dämmerte mir erst viel später. So dermaßen glücklich war meine Kindheit in dem kleinen Kaff in Hessen.

Mit fünfzehn Jahren die erste Videokamera, der erste Film, mit einem Freund aus der Schule. Ein Abenteuer-Zombie-Film ohne Blut. Weitere folgten.

So ungefähr Siebzig. In der Regel Genre-Filme: Horror oder Science-Fiction mit lächerlichen außerirdischen Monstern, und als Höhepunkt 1997 was mit nem Pappmaché-Dino, der am Vorderlader eines Traktors hing und der ein Auto umwarf…
In der Zwischenzeit Praktikum und Arbeit bei der Firma Clay Art, heute Scopas, in Frankfurt, als Modell- und Puppenbauer. Ein eigener Film sollte entstehen, im Keller eines Freundes, mit einer geliehenen 35mm-Kamera. Nach monatelangem Puppenbau und ersten Aufnahmen wurde von uns beiden leider nur einer von uns an der Kunsthochschule angenommen. Das ambitionierte Projekt wurde eingestampft. Er wurde erfolgreicher Modell- und Puppenbauer in Berlin und München. Ich absolvierte die durchschnittliche Regelstudienzeit von 18 Semestern in einem Sichtbetonbau mit Ausblick auf eine Parkanlage voller spielender Hunde.

Jo, die Pinguine aus der Grippostad-Werbung, die gefühlte 12 Jahre lang im Fernsehen lief.

In der Documenta-Stadt

‍Es folgten lehrreiche Jahre an der Kunsthochschule Kassel, denn aus Fehlern lernt man am besten. „If you can do it here, you can do it anywhere“, sagte man, mehr aus Trotz als Überzeugung. Man trifft dort Typen, die sagen : „Leih mir doch mal dein Auto aus, ich nehm auch ganz bestimmt nicht meinen Hund mit, versprochen“, und hinterher riecht’s nach Hund, versprochen. Aber eben auch Typen mit Herz, kantigen Querköpfen und Hang zur kreativen selbstdarstellenden Selbstaufopferung. In vielen Filmen dort habe ich nicht nur Regie, sondern auch Kamera gemacht und die Grundlagen des Schneidens gelernt.

2003 musste ich einfach mal den Innenhof der Schule in Brand setzen.

Erst an der Fast Movie Machine, dann auf anderen Geräten: Final Cut 1, Yellow, Purple, After Effects, Steenbeck 16mm Schneidetisch.
Außerdem zwei Jahre Leiter des Uni-Kinos „cinema29“.

Professoren wie Manfred Vosz (verstorben), der wundervolle ehemalige DEFA-Regisseur Günter Reisch (verstorben) oder der einzigartige, inspirierende Christoph Weisbrod (verstorben), der wohl den größten Einfluß hatte.
Immer wieder zog der Trickfilm in den Bann: Paul Driessen war neben Jana Drouz und David Safarian einer meiner Abschluß-Prüfer.

1999 lief endlich der erste Film auf einem Festival, dem Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest, mit dem Titel „Shit Happens“. Fünf weitere Teilnahmen, eine Lobende Erwähnung und ein Hauptpreis sollten folgen. Parallel entstanden immer auch Trickfilme, beispielsweise das Musikvideo zu „Terra Titanic“ in Flash oder eine klassische Zeichentrick-Animation zum Sketch „Kloster Andechs“ von Badesalz, der nie veröffentlicht wurde. Der Kurzfilm „Der Brandstifter“ von 2003 war eine Auftragsarbeit des Staatsorchesters Kassel und wurde bei seiner Uraufführung mit einem 40-köpfigen Orchester begleitet, eine großartige Erfahrung. Die Dreharbeiten zum abendfüllenden Science-Fiction-Film „Cookie Saga“ 2001 wurden hingegen zu einem Desaster. Den Abschlußfilm „Große Kinder“ reichte ich nur auf wenigen Festivals ein; er gewann zwar zwei Hauptpreise, dennoch muss ich gestehen, dass ich nicht ganz glücklich war über ihn.

Hamburg

Ein paar Monate Modefilme und Podcasts für den Hamburger frontlineshop (mittlerweile geschlossen).

Berlin

Ein Studienfreund war Mitbegründer des ursprünglichen „Rodeo Club“, dort lernte ich auch meinen späteren Chef des „Skoda KulturCheck“ kennen. 2011 und 2012 war ich dort erst als technischer Leiter, später als Chefredakteur tätig. Für die meisten Beiträge war ich auch Kameramann (mittlerweile abgesetzt).

Ein No-Budget-Spielfilm war zu zwei Dritteln abgedreht, bis wir bemerkten, dass der Drehbuchautor große Teile des Buches von wo anders plagiiert hatte und sich daraufhin der vierte Darsteller zum Chef des Ganzen und neuen Hauptdarsteller aufschwang, das Team belog (was man nie tun sollte), das Drehbuch und die Figuren umschrieb (was man nie tun sollte) und hinter meinem Rücken neue Teammitglieder, einen Cutter und einen Co-Autor hinzuzog (was man nie tun sollte), woraufhin ich entnervt das Handtuch warf und meinen Namen zurückzog. Das ganze wurde fertiggestellt, eine scheußlich eitle Klamotte – man sieht, es bewegt mich bis heute.

Drei Teilnahmen beim 48-Stunden Filmfest: 2010 gaben wir den Film zu spät ab, 2015 gewannen wir vier, 2016 sieben von neun Preisen inklusive „Bester Film“, um mal hier ein bißchen anzugeben.

‍Über die Jahre entstand so eine riesige Sammlung an Hunderten Kurzfilmen, Dokumentationen, Beiträgen, Animationen und Schnitt-Collagen.

Dennoch bleibt mein Herz bei der Spielfilm-Regie. Überhaupt hatte das Ganze angefangen in den Achtzigern, als ich Die Filme von Steven Spielberg entdeckte, und „Zurück in die Zukunft“, und all das Zeug,  die Achtziger waren eine großartige Zeit für Inspiration. Folgerichtig war unser erster Film ein Zombie-Film mit Action im Stil von „Indiana Jones“, auch wenn man das im Kaff als Fünfzehnjähriger ja nicht ganz so herstellen kann. Action, Abenteuer und Humor habe ich gerne in meinen Filmen, wenn es nicht Horror ist, und lieber lasse ich zu, dass es etwas in die trashige Ecke rückt als dass ich mich zurücknehme.

‍Aber jeder Film ist individuell und benötigt eigene Techniken.

Ein Treatment für meinen Debüt-Spielfilm ist fertig, das Drehbuch dazu über ein Trickbetrüger-Pärchen gerade in Arbeit, zahlreiche weitere Stoffe liegen in der Schublade. Ein Comic-Album entsteht nebenher.

...und ein Schlußwort vom Elder Statesman: